Fahrgastrecht

Überblick über die Fahrgastrechte im Kraftomnibusverkehr nach Verordnung (EU) Nr. 181/2011

 

Seit dem 1. März 2013 gilt die EU-Verordnung Nr. 181/2011 über die Fahrgastrechte im Busverkehr. Besonders relevant sind folgende Fahrgastrechte, die in erster Linie für Linienfernverkehre (ab 250 km) gelten:

 

  1. Anspruch auf nichtdiskriminierende Beförderungsbedingungen

    Beim Kauf von Fahrscheinen für Personenverkehrsdienste im Kraftomnibusverkehr darf niemand unmittelbar oder mittelbar aufgrund seiner Staatsangehörigkeit oder aufgrund des Ortes der Niederlassung des Beförderers oder Fahrscheinverkäufers in der Europäischen Union diskriminiert werden.

    Im Fernlinienverkehr stellt der Beförderer dem Fahrgast einen Fahrschein aus (ggf. in elektronischem Format), sofern nicht andere Dokumente den Beförderungsanspruch begründen.

     

  2. Recht auf Information

    Alle Fahrgäste im Buslinienverkehr haben während der gesamten Fahrt Anspruch darauf, angemessen informiert zu werden. Dazu gehören das Recht auf Unterrichtung über Fahrgastrechte und die Bekanntgabe der notwendigen Angaben zur Kontaktaufnahme mit den nationalen Durchsetzungsstellen.

    Alle relevanten allgemeinen Informationen und die Beförderungsbedingungen müssen in für behinderte Menschen und Personen mit eingeschränkter Mobilität zugänglicher Form bereitgestellt werden, wie zum Beispiel in großen Buchstaben, einfacher Sprache, Blindenschrift, als Sprachaufzeichnung.

    Bei Annullierung oder verspäteter Abfahrt eines Fernliniendienstes informiert der Beförderer oder gegebenenfalls der Busbahnhofbetreiber die Fahrgäste, die von einem Busbahnhof abfahren, so rasch wie möglich, jedoch spätestens 30 Minuten nach der fahrplanmäßigen Abfahrtszeit, über die Lage und, sobald diese Informationen vorliegen, über die voraussichtliche Abfahrtszeit. Versäumen Fahrgäste aufgrund einer Annullierung oder Verspätung einen Anschluss an einen Verkehrsdienst, so unternimmt der Beförderer oder gegebenenfalls der Busbahnhofbetreiber alle zumutbaren Anstrengungen, um sie über alternative Anschlüsse zu unterrichten. Sofern machbar, übermittelt der Beförderer diese Informationen auch auf elektronischem Weg, falls der

    Fahrgast dies verlangt und dem Beförderer die erforderlichen Kontaktangaben zur Verfügung gestellt hat.

     

  3. Anspruch auf Entschädigung und Hilfeleistung bei Unfällen

    Im Fernliniendienst haben die Fahrgäste Anspruch auf Entschädigung bei Tod oder Körperverletzung sowie bei Verlust oder Beschädigung von Gepäck infolge eines aus der Nutzung des Kraftomnibusses resultierenden Unfalls. Die Bedingungen und die Höhe der Entschädigung unterliegen den geltenden nationalen Rechtsvorschriften; in der Verordnung sind nur bestimmte Mindestbeträge festgelegt. Die Entschädigungen erfolgen nicht automatisch, sondern müssen ggf. vor nationalen Gerichten eingeklagt werden.

    Darüber hinaus muss der Beförderer Fahrgästen im Fernliniendienst nach einem Unfall angemessene und verhältnismäßige Hilfe im Hinblick auf ihre unmittelbaren praktischen Bedürfnisse leisten. Diese Hilfe umfasst erforderlichenfalls Unterbringung, Verpflegung, Kleidung, Beförderung und die Bereitstellung erster Hilfe.

     

  4. Anspruch auf Fortsetzung der Fahrt, Weiterreise mit geänderter Streckenführung und Fahrpreiserstattung bei Annullierung oder großer Verspätung

    Im Fall einer Überbuchung oder wenn der Beförderer vernünftigerweise davon ausgehen muss, dass die Abfahrt eines Linienverkehrsdienstes* sich um mehr als 120 Minuten verzögert oder annulliert wird, haben die Fahrgäste im Fernlinienverkehr Anspruch auf die Wahl zwischen Weiterreise mit geänderter Streckenführung zum Zielort ohne Aufpreis zum frühestmöglichen Zeitpunkt und unter vergleichbaren Bedingungen oder Erstattung des vollen Fahrpreises und gegebenenfalls zum frühestmöglichen Zeitpunkt kostenlose Rückfahrt zum im Beförderungsvertrag festgelegten Abfahrtsort.

    Diese Auswahl steht den Fahrgästen auch zu, wenn der Linienverkehrsdienst annulliert wird oder sich die Abfahrt von einer Bushaltestelle um mehr als 120 Minuten verzögert. Bietet der Beförderer den Fahrgästen in der genannten Situation nicht die Wahl zwischen der Erstattung des Fahrpreises und der Weiterreise mit geänderter Streckenführung an, so haben sie Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 50 % des Fahrpreises.

    Dieser Anspruch auf Entschädigung und eine eventuelle Fahrpreiserstattung schließt nicht das Recht der Fahrgäste aus, gemäß den nationalen Rechtsvorschriften vor nationalen Gerichten Ansprüche aufgrund von Nachteilen zu verfolgen, die sie wegen Annullierung oder Verspätung von Linienverkehrsdiensten erlitten haben.

    Wird der Bus während der Fahrt betriebsunfähig, muss der Beförderer einen anderen Bus an den Ort schicken, an dem sich das betriebsunfähige Fahrzeug befindet, um die Fahrgäste entweder zu ihrem Bestimmungsort oder zu einem geeigneten Wartepunkt oder Busbahnhof zu bringen, von dem aus sie die Reise fortsetzen können.

     

  5. Anspruch auf Hilfeleistung bei Annullierung oder Verzögerung der Abfahrt Bei Fahrten im Fernliniendienst mit einer Dauer von mehr als drei Stunden haben die Fahrgäste bei Annullierung oder Verzögerung der Abfahrt von einem Busbahnhof von mehr als 90 Minuten Anspruch auf angemessene Hilfeleistung. Dazu gehören Imbisse, Mahlzeiten und Erfrischungen sowie erforderlichenfalls Unterbringung. (Der Beförderer kann die Gesamtkosten der Unterbringung je Fahrgast auf 80 EUR pro Nacht für höchstens zwei Nächte beschränken. Er ist nicht verpflichtet, Unterbringungskosten zu

übernehmen, wenn die Annullierung oder Verspätung durch widrige Wetterbedingungen oder schwere Naturkatastrophen verursacht werden.)

 

6. Rechte von behinderten Menschen und Personen mit eingeschränkter Mobilität**

Für behinderte Menschen und Personen mit eingeschränkter Mobilität gelten im Buslinienverkehr über die allgemeinen Fahrgastrechte hinaus folgende Rechte, damit sie die gleichen Reisemöglichkeiten nutzen können wie andere Bürgerinnen und Bürger.

 

  1. Anspruch von behinderten Menschen und Personen mit eingeschränkter Mobilität auf Zugang zu Verkehrsdiensten ohne Aufpreis

    Beförderer, Reisevermittler oder Reiseveranstalter dürfen von behinderten Menschen und Personen mit eingeschränkter Mobilität keinen Aufpreis für Buchungen und Fahrscheine verlangen.

    Sie dürfen sich auch nicht aufgrund der Behinderung oder der eingeschränkten Mobilität von Personen weigern, eine Buchung vorzunehmen, einen Fahrschein auszustellen oder die Personen an Bord des Fahrzeugs zu nehmen. Ausnahmen sind nur zulässig, wenn die Beförderung eines behinderten Menschen oder einer Person mit eingeschränkter Mobilität nach den geltenden Fahrgastsicherheitsbestimmungen oder den Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen der zuständigen Behörden nicht möglich wäre oder wenn es wegen der Bauart des Fahrzeugs oder der Infrastruktur nicht möglich ist, den behinderten Menschen oder die Person mit eingeschränkter Mobilität auf sichere und operationell durchführbare Weise zu befördern.

    Weigert sich ein Beförderer, Reisevermittler oder Reiseveranstalter im Fernlinienverkehr aus den genannten Gründen, eine Buchung vorzunehmen, einen Fahrschein auszustellen oder einen Fahrgast an Bord des Fahrzeugs zu nehmen, so unterrichtet er den Fahrgast unverzüglich — und auf dessen Verlangen schriftlich — über die entsprechenden Gründe. Darüber hinaus unterrichtet er die betreffende Person im Fall der Weigerung, eine Buchung vorzunehmen oder einen Fahrschein auszustellen, über jede annehmbare Beförderungsalternative mit einem Dienst des Beförderers. Können die Gründe, aus denen einem Fahrgast eine Buchung oder das Besteigen des Busses verweigert wurde, durch die Anwesenheit einer Person ausgeräumt werden, die die benötigte Hilfe leisten kann, so kann der Fahrgast verlangen, kostenlos von einer Person seiner Wahl begleitet zu werden.

    Wird einem behinderten Menschen oder einer Person mit eingeschränkter Mobilität, die einen Fahrschein oder eine Reservierung besitzt und den Beförderer ordnungsgemäß über den besonderen Hilfsbedarf informiert hat, die Beförderung im Fernlinienverkehr aufgrund ihrer Behinderung oder eingeschränkten Mobilität dennoch verweigert, so kann diese Person zwischen der Erstattung des Fahrpreises und - sofern die entsprechenden Verkehrsdienste verfügbar sind - der Weiterreise mit geänderter Streckenführung wählen. Die Beförderer und Busbahnhofbetreiber sorgen für nichtdiskriminierende Zugangsbedingungen für die Beförderung von behinderten Menschen und Personen mit eingeschränkter Mobilität. Sie müssen der Öffentlichkeit diese Bedingungen zur Kenntnis bringen und auf Verlangen des Fahrgasts physisch zur Verfügung stellen.

     

  2. Anspruch auf besondere Hilfeleistung

Im Fernlinienverkehr müssen Beförderer und Busbahnhofbetreiber innerhalb ihres jeweiligen Zuständigkeitsbereichs behinderten Menschen und Personen mit eingeschränkter Mobilität kostenlos Hilfe leisten.

Behinderte Menschen und Personen mit eingeschränkter Mobilität müssen den Beförderer mindestens 36 Stunden im Voraus über ihren besonderen Hilfsbedarf informieren und sich zum vereinbarten Zeitpunkt vor der Abfahrt (höchstens 60 Minuten vorher) an der benannten Stelle des Busbahnhofs einfinden.

 

C) Anspruch auf Entschädigung bei Verlust oder Beschädigung von Mobilitätshilfen Kommt es durch Verschulden eines Beförderers oder Busbahnhofbetreibers zu Verlust oder Beschädigung von Mobilitätshilfen (eines Rollstuhls oder eines anderen Hilfsgeräts), muss er eine Entschädigung leisten, die dem Wiederbeschaffungswert der betreffenden Ausrüstung oder gegebenenfalls den Reparaturkosten entspricht.

Erforderlichenfalls wird jede Anstrengung unternommen, um vorübergehenden Ersatz für die verloren gegangene oder beschädigte Mobilitätshilfe zu beschaffen.

 

5) Durchsetzung der Fahrgastrechte

 

Jeder Mitgliedstaat muss eine oder mehrere Stellen benennen, die für die Durchsetzung der in der Verordnung festgelegten Rechte zuständig sind. Die nationale Durchsetzungsstelle ist für die Durchsetzung der Verordnung in Bezug auf Linienverkehrsdienste von im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats gelegenen Orten und in Bezug auf Linienverkehrsdienste von einem Drittland zu diesen Orten zuständig.

Jeder Fahrgast kann bei der entsprechenden nationalen Durchsetzungsstelle eine Beschwerde wegen eines mutmaßlichen Verstoßes gegen die Verordnung einreichen. Ein Mitgliedstaat kann beschließen, dass der Fahrgast als ersten Schritt eine Beschwerde an den Beförderer zu richten hat; in diesem Fall dient die nationale Durchsetzungsstelle als Beschwerdeinstanz für Beschwerden, für die keine Lösung gefunden wurde.

 

Die nationale Durchsetzungsstelle für Fahrgastrechte ist das Eisenbahn-Bundesamt (EBA). Busreisende können sich mit Beschwerden an das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) wenden, wenn sie der Auffassung sind, dass ihre gesetzlich garantierten Fahrgastrechte nicht beachtet worden. Voraussetzung ist, dass eine Beschwerde beim Beförderer erfolglos verlief.

 

Kontaktdaten des Eisenbahn-Bundesamtes Bürger-Telefon für Fahrgastrechte

Telefon: +49 228 30795-400

Fax: +49 228 30795-499

E-Mail: fahrgastrechte@eba.bund.de

 

Eisenbahn-Bundesamt Heinemannstraße 6

53175 Bonn

 

Weitere Information befinden sich auf der Internetseite des EBA (https://www.eba.bund.de/DE/Themen/Fahrgastrechte/Bus/bus_node.html)

 

 

*Diese Bestimmung gilt nicht für Fahrgäste mit Fahrscheinen mit offenen Reisedaten, solange keine Abfahrtszeit festgelegt ist, mit Ausnahme von Fahrgästen, die eine Zeitfahrkarte besitzen.

**Die Mitgliedstaaten können nationale Linienverkehrsdienste von der Anwendung der Bestimmungen, die für behinderte Menschen und Personen mit eingeschränkter Mobilität gelten, ausnehmen, sofern sie sicherstellen, dass das Schutzniveau für diese Personen im Rahmen ihrer nationalen Rechtsvorschriften dem der Verordnung mindestens entspricht.